Wie zehn Stunden harte Arbeit beim Bau
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..... mein Leben mit der Dialyse
Leben mit der Dialyse
..... einiges über mich und meine Dialysegeschichte
Von der Dialyse bis zur Transplatation
Die Maschine ist mein Freund
Wie zehn Stunden harte Arbeit beim Bau
Lebt seit Jahren mit ständiger Blutwäsche:Uwe Heinze aus Bischofswerda. Foto: Steffen Unger |
Uwe Heinze hängt seit knapp acht Jahren an der
künstlichen Niere und wartet voller Hoffnung auf eine Transplantation.
Von Helga Koch
Es gibt Tage, da fühle ich mich richtig gut. Da kann ich was unternehmen,
Rad fahren, bissel was werkeln. Und dann gibts Tage, da habe ich nachts schon
schlecht geschlafen, die Knochen tun weh und ich würde am liebsten gar nicht
aufstehen, sagt Uwe Heinze aus Bischofswerda. Er ist 39 Jahre alt und seit
knapp acht Jahren Dialyse-Patient.
Uwe Heinze legt ein paar Holzscheite in den Kaminofen und lässt den laut maunzenden
Teddy, der an der Terrassentür um Einlass bettelt, für ein paar Minuten zum Fressen
ins Haus. Katzen habe er schon immer gemocht, sagt der gelernte Elektromechaniker.
Jetzt sind Teddy und Mutzel manchen Tag seine besten Gefährten, wenn er nichts
unternehmen kann und zu Hause bleiben muss. Ehefrau Cornelia unterrichtet an der
Grundschule in Bischofswerda Süd, Tochter Franziska lernt am Gymnasium. "Sie kennt
mich nur krank", sagt er und zeigt ein Bild der 14-Jährigen.
Nach jeder Behandlung fix und fertig
Als "Franzi" zwei Jahre alt war, bekam Uwe Heinze Krebs, wurde operiert, anschließend
mit Chemotherapie behandelt. Den Krebs hat er besiegt, doch irgendwann versagten
die Nieren, vielleicht durch die Chemotherapie. Im Herbst 1995 wurde ihm eine "Fistel"
gelegt. "Die Arterie vorm Handgelenk und die Vene sind sozusagen kurzgeschlossen,
damit in ein großes Blutgefäß gestochen werden kann."
Drei Mal in der Woche, jeden Montag, Mittwoch und Freitagabend, hängt Uwe Heinze an
der künstlichen Niere. Dort liegt er meist an seinem Stammplatz, wenn das Blut gewaschen
und dem Körper alle in den zwei, drei Tagen dazwischen aufgenommene Flüssigkeit entzogen
wird. Viele Patienten, die zwischen 16, 17 und über 70 Jahre alt sind, kennt er seit
Jahren. Zu den meisten Schwestern, die je nach Dienstplan wechseln, hat er ein gutes
Verhältnis. Nach jeder Behandlung ist er fix und fertig: "Eine Dialyse ist wie eine
Schicht von neun, zehn Stunden harter Arbeit auf dem Bau." Mit Grauen stellt er sich vor,
dass vielleicht bei den angedrohten Einsparungen im Gesundheitswesen wieder
"Sammeltransporte über die Dörfer" zur Dialyse organisiert werden, wie es sie früher
mal gab. Es sei sowieso schlimm, was auf Kranke zukomme, hadert er mit der großen Politik.
Die erste Zeit, vielleicht zwei, drei Jahre, ging es dem 39-Jährigen Dank der
Dialyse ziemlich gut. Da ahnte er noch nicht, was auf ihn zu- kommen würde:
Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Juckreiz, Gelenk- und Muskelschmerzen. Solche
Nebenerscheinungen müssten nicht auftreten, sagt der gebürtige Dresdner, doch ihn
hat es erwischt. Manches Problem führe er auf die Ernährung zurück. Ohnehin seien
zum Beispiel Bananen, Kirschen, Weintrauben, Schokolade oder Nüsse tabu. Er trinkt
sehr selten mal ein Gläschen Wein. "Ein Glas Wasser zu trinken ist für mich das Größte",
bekennt er. Er müsse sich eiweißreich ernähren, viel Fisch und Fleisch essen,
weil während der Dialyse Eiweißverbindungen aus dem Blut herausgewaschen werden.
Stoffe, die normalerweise von den Nieren herausgefiltert werden, lagerten sich
im Körper ab. Anfangs hätten die Nieren noch teilweise gearbeitet; inzwischen
gehe es manchmal nur noch mit Schmerzmitteln. Alle drei Wochen werden seine
Werte kontrolliert.
Uwe Heinze hat in einer Beziehung Glück: Er kann transplantiert werden. Die
umfangreichen medizinischen und psychologischen Untersuchungen hat er längst hinter
sich. "Aber ich möchte nicht wissen, von wem ich vielleicht eine Niere bekomme",
sagt er. Deshalb habe er nie mit seinem Bruder darüber gesprochen. Längst Rentner,
wartet er wie viele Dialyse-Patienten seit Jahren auf "den" Anruf. Seinen Rang
auf der Warteliste kennt er nicht: "Keiner kann ausrechnen, wann er dran ist."
Deshalb muss er immer erreichbar sein: ob zu Hause, wenn er mit dem Rad unterwegs
ist, selbst im Urlaub, den er schon ein paar Mal mit seiner Familie in der Nähe
von Dialysezentren verbracht hat.
Familie, Nachbarn und Freunde geben Rückhalt
Das stete Gefühl des Wartens und Hoffens, das Telefon könnte wegen einer Spenderniere
für ihn klingeln, versucht Uwe Heinze zu verdrängen. "Das passiert sowieso, wenn man's
nicht erwartet. Ich muss immer gesund sein, ich darf mir keine Grippe einfangen."
Vielleicht habe er den Krebs und die langen Jahre als Dialysepatient auch wegen seiner
guten körperlichen Konstitution überstanden, grübelt der Bischofswerdaer manchmal. Er
war zwölf Jahre Schwimmer, ist viel gelaufen, hat Volleyball und Tischtennis gespielt.
Der enge Kontakt zu Nachbarn und Freunden der Spielgemeinschaft "Gojko Mitic"
helfe ihm, sagt Uwe Heinze, der dieses Jahr wegen seiner gesundheitlichen Probleme
bei den Proben und Aufführungen von "Winnetou" nur hinter den Kulissen agiert hat.
Am wichtigsten aber ist die Familie. "Wenn meine Frau und meine Tochter nicht so zu
mir gestanden hätten, hätte ich nicht durchgehalten. Ich habe nie erlebt, dass
sich meine Frau über etwas beschwert hätte. Sie nimmt große Rücksicht." Vor
allem an den Abenden, wenn er zur Dialyse fährt, sitzt sie über ihren Schulvorbereitungen,
kümmert sich um Haus und Haushalt, ohne ein Wort zu verlieren. Und manchmal helfen
Teddy und Mutzel auch ihr an den "einsamen Abenden", wenn er erst nach
Mitternacht von der Dialyse zurückkommt und völlig kaputt ins Bett fällt....
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Erfahrungsbericht (September 2003) liegen beim Autor Helga Koch und der Sächsischen Zeitung.